Menschen mit Behinderung werden auf Instagram nahezu ausgeblendet

Im viel zitierten und von der Öffentlichkeit geforderten Mix aus Environmental-, Social- und Governance-Themen (ESG) stehen Themen rund um Umwelt und Klimagerechtigkeit klar im Fokus. Viel schwerer tun sich Unternehmen dagegen mit dem „S“ in ESG, der sozialen Komponente, bei der es unter anderen um Pluralität, Diversität und Integration von marginalisierten Gesellschaftsgruppen geht.


21.11.2023

Das zeigt eine Analyse des Media-Intelligence-Experten UNICEPTA, in deren Rahmen exemplarisch 18 verschiedene Instagram-Unternehmensprofile aus 9 Branchen zu den Kategorien ethnische Merkmale / Hautfarbe, Körpermaße, Alter, Geschlecht und körperliche Beeinträchtigungen ausgewertet wurden. Besonders ernüchternd: Die Darstellung von Menschen mit Behinderung. Lediglich 1 Prozent der Instagram-Bilder, die für die UNICEPTA-Studie analysiert wurden, zeigten Menschen mit sichtbaren Behinderungen oder medizinischen Erkrankungen.

 

Diversität und Inklusion sind, unabhängig von Imagewerten, für jede Organisation längst entscheidende Erfolgsfaktoren geworden. Als wichtiger Schritt für mehr Diversität und Inklusion scheint die Sichtbarmachung von marginalisierten Gruppen und ihren Lebenswirklichkeiten innerhalb unternehmenseigener Kanäle deshalb nur logisch. Dementsprechend zielgerichtet untersuchten die UNICEPTA-Analysten den bildbasierten Social-Media-Kanal Instagram und werteten hier konkret aus, auf welchen Ebenen und wie häufig unterschiedliche Identitäten innerhalb eines Jahres bei den international in ihrem Wettbewerbsumfeld marktführenden Unternehmen auftauchen. Untersucht wurden dabei die Branchen Kosmetik, Tourismus, Sportartikel/Sportswear, Haushaltsmittelhersteller, Lebensmittelhersteller, Lebensmitteleinzelhandel, Finanzdienstleister, Technologie und Automobilhersteller.

 

Dabei wurde in Bezug auf ethnische Merkmale wie etwa Hautfarbe branchenabhängig zumindest teilweise bereits ein hoher Integrationsgrad sichtbar. Im Durchschnitt über alle Branchen wurden insgesamt auf über 52 Prozent aller Bilder ausschließlich oder zumindest auch People of Color abgebildet. Dabei zeigte der Hersteller Nike sogar 62 Prozent Bilder mit schwarzen Menschen. Diversitäts-Schlusslicht hier ist die Automobilbranche. 96 Prozent der Instagram-Inhalte von Volkswagen zeigen ausschließlich weiße Menschen. Bei Ford sind es immerhin noch 74 Prozent.

Kaum Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderung oder Übergewicht

 

Eine besonders dramatische Fehldarstellung offenbart ein Blick auf die Social-Media-Präsenz von Menschen mit Behinderung. Von rund 1.800 Instagram-Bildern, die für die UNICEPTA-Studie analysiert wurden, enthielten lediglich 1 Prozent Menschen mit sichtbaren Behinderungen/medizinischen Erkrankungen. Ein starker Kontrast zu der tatsächlichen Zahl von Menschen mit sichtbaren Behinderungen in unserer Gesellschaft. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation leben schätzungsweise 16 Prozent der Weltbevölkerung mit teils erheblichen Behinderungen (WHO, März 2023). Da eine Behinderung mit einem mangelnden Zugang zur Außenwelt einhergehen kann, sind der Zugang und die Darstellung in digitalen Räumen für Menschen mit Behinderungen häufig besonders wichtig.

Auch hier hat der Sportsektor den höchsten Anteil an Bildern, die Menschen mit sichtbaren Behinderungen zeigen. Wieder wurden viele dieser Inhalte von Nike gepostet und zeigten überwiegend Spitzensportler. Darstellungen aus dem täglichen Leben von Menschen mit Behinderungen fanden faktisch nicht statt.

Einige wenige visuelle Erwähnungen gab es ebenfalls noch in den Bereichen Technologie, Finanzdienstleistungen, Kosmetik und Tourismus. Aus den Branchen Haushaltsartikel, Handel, Lebensmittel oder Automotive kam dagegen kein auswertbarer Content. Ein schwaches Bild, das auch die gesellschaftliche Wahrnehmung von Menschen mit Behinderung weiter prägen wird.

Auch Menschen mit Körpermaßen außerhalb tradierter Schönheitsideale haben es auf Social Media schwer. In der UNICEPTA-Studie waren insgesamt lediglich 4 Prozent der abgebildeten Personen übergewichtig, davon entfiel der Großteil auf Personen mit einem leichten Übergewicht. Nur zwei der rund 18.000 analysierten Personen waren stark bzw. sehr stark übergewichtig – beide waren weiblich.

 

Der Aufbau einer starken Community hilft auch gegen Hasskommentare

 

Selbst wenn die Erkenntnisse aus der Studie an vielen Stellen wenig überraschen, so zeigen sie doch auf dramatische Art und Weise, wie viele Chancen der inklusiven Kommunikation selbst von großen Unternehmen heute noch scheinbar komplett ignoriert werden. Spielt hierbei auch die Angst vor Kontrollverlust eine Rolle? Die hohe Zahl etwa transphobischer bzw. fatphobischer Kommentare auf sozialen Kanälen spricht eine leider sehr deutliche Sprache. Der Aufbau einer starken Community – und das geht nur mit einer klaren und konsequenten Haltung – macht es jedoch bereits mittelfristig einfacher, mit dieser Schmähkritik und Hetze umzugehen und damit auch den Schaden für marginalisierte Gruppen zu minimieren. Dass das möglich ist, zeigen Unternehmen wie Nike oder hierzulande die Deutsche Bahn, die vielfach klare Kante für Diversität zeigt.

 

Sie können die Studie hier kostenfrei herunterladen.


Über UNICEPTA

 

UNICEPTA ist ein global erfolgreicher Anbieter für Media Intelligence. Mit KI-getriebener Technologie und über 450 Analyse- und Monitoring-Experten analysiert UNICEPTA weltweit verfügbare Inhalte aus Social, Online, Print, TV und Rundfunk sowie zahlreichen anderen Datenquellen – in Echtzeit und zu jedem anderen gewünschten Zeitpunkt. Kurz: UNICEPTA ermöglicht Unternehmen, besser zuzuhören und entsprechende Handlungen abzuleiten. Die Analysen und Insights dienen global agierenden und branchenführenden Unternehmen und Organisationen als Basis für Entscheidungen der Unternehmensführung sowie in Kommunikation und Marketing. Die Büros von UNICEPTA befinden sich in Berlin, Köln (Zentrale), Krakau, London, Paris, Shanghai, São Paulo, Washington DC und Zürich.

Kontakt

 

UNICEPTA GmbH
Salierring 47-53
50677 Köln

 

Christina Westerhorstmann
Mobil: +49 173 9061 058
christina.westerhorstmann(at)unicepta.com